Das war’s!

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Liebe Leserinnen und Leser, ich bin zurück in Hamburg und schließe hiermit dieses Tagebuch! Es war für mich ein Experiment, einen Blog im Internet zu schreiben, und es war gut. Laut Statistik hatte ich etwa 50 „follower“, was ich für meine Verhältnisse ziemlich viel finde. Fast alle dürften aus meinem Freundes- und Arbeitsumfeld stammen. Insgesamt wurde der Blog bis heute 6109 mal aufgerufen! Dadurch sind im Hintergrund etliche stille Dialoge entstanden. Immer wenn Freunde und Bekannte zu Besuch kamen oder wir sonst Kontakt hatten, konnten wir daran anknüpfen. Manchmal bekam ich direkte Reaktionen per Mail oder Anruf. Das war sehr schön!

Wie schnell die Zeit vergangen ist – ein ganzer Sommer! Ich kam bei Regen und Wind und fuhr heute bei Regen und Wind zurück. Das Fortschreiten der Zeit merkte ich an den immer früheren Sonnenuntergängen.

Meine persönliche Auswertung dieser Zeit ist noch lange nicht abgeschlossen, und dazu werden auch die Dialoge, die wir weiterführen, wenn wir uns wiedersehen, wichtig sein. Dann ergänze ich gerne auch die Plaudereien aus dem Nähkästchen, die in einem öffentlichen Blog keinen Platz hatten… :-)) Und für meine Bischöfin und das Personaldezernat muss ich einen Bericht verfassen.

Ich danke Ihnen und Euch allen ganz herzlich für Begleitung, Anteilnahme und den Dialog! Es war gut zu wissen, dass so viele Menschen interessiert mitverfolgen, wie es einem Wanderer in der Fremde ergeht! Auf die Fortsetzung in persönlichen Gesprächen freue ich mich!

Danke, und seien Sie und seid Ihr behütet!

 

Was bleibt?

Gibt es ein Fazit meiner Sabbatzeit, eine „Quintessenz“? Nein, es gibt viele Erfahrungen und Gedanken. Unter ihnen sind mir besonders wichtig:

1. Die Erfahrung (wieder und gleichzeitig neu) zu erleben, wie schön und sinnvoll es ist, Gemeindepastor zu sein, für Menschen „da“ zu sein.

2. Ich erlebe diese Sabbatzeit als einen Freiheitsgewinn. Es ist möglich aufzubrechen, in der Fremde zu arbeiten, Menschen kennen zu lernen, akzeptiert zu werden. Ich bin nicht gefesselt an den status quo.

3. Alter und Lebenserfahrung werden im Pastorenberuf geschätzt. Das ist ein besonderes Geschenk, wenn man bedenkt, wie anders es in den meisten Berufen heute zugeht. Wenn die Situation passt, so habe ich es erlebt, ist man als Pastor gerade mit seiner Lebens- und Berufserfahrung geschätzt.

Nur eines mochte ich nicht: Dass man mich so oft gefragt hat, ob ich im Ruhestand bin….! Fremde konnten sich mein Hiersein zunächst oft nicht anders erklären, das ist verständlich. Trotzdem, das mochte ich gar nicht…. :-))

Letzter Gottesdienst in Rerik

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Im Seiten-Menü ist meine Abschiedspredigt über 1. Petrus 4, 7-11 – irgendwie ja passend mit dem Satz: „Denn es ist herbeigekommen das Ende aller Dinge…“ :-)) Nicht das Ende aller Dinge, aber das Ende meiner Zeit in Rerik. Ich wurde von zwei Kirchenvorsteherinnen im Gottesdienst verabschiedet und Karen Siegert, die seit 3 Tagen zurück ist, bedankte sich mit einem Segenswort. In der Predigt kommt die Ausmalung der Kirche vor, vielleicht hilft das Bild oben zum Verständnis.

Es war schon sehr bewegend, es flossen Tränen und ich habe am Ausgang viele gute Worte zu hören bekommen. Es ist doch erstaunlich: Wenn man als Pastor auf einen neuen Stelle anfängt, sind die ersten 2 1/2 Monate fast nichts. Hier ist so viel passiert, und es sind mehr Kontakte und Beziehungen entstanden, als ich mir das vorher vorgestellt hatte. Was daraus werden wird? Ich soll auf jeden Fall wiederkommen!

Nachher ist noch Gottesdienst in Biendorf – wenn jemand kommt… :-))

 

Von Zeit und Sinn

Zu den Impulsen für das Sabbatical gehörte die Empfindung, dass in meiner Tätigkeit als Propst nicht alle Zeit sinnvoll verbracht ist. Diese Empfindung stellte sich insbesondere auf manch einer Sitzung ein. Denn aus meiner Sicht sind viele Probleme künstlich herbeigeredet oder ließen sich schneller lösen, wenn es nicht so viele Eitelkeiten und verquere Persönlichkeiten gäbe. Nicht selten war ich übellaunig, weil ich das Gefühl hatte, man stiehlt mir meine kostbare Lebenszeit. Stattdessen wollte ich „elementarer“ arbeiten, einfach für Menschen da sein. Das schien mir sinnvoll verbrachte Zeit.

Und so war es hier! Dieser Wunsch hat sich erfüllt!

Was folgt daraus? Wird es mir bei meiner Rückkehr leichter oder sogar schwerer fallen, die viele Sitzungszeit zu akzeptieren? Das werde ich sehen. Wäre eine Rückkehr in die Gemeindearbeit für die letzten Berufsjahre denkbar? Auch das weiß ich nicht. Rerik war eine schöne Erfahrung und so könnte ich sagen: Grundsätzlich ja. Aber auch die „elementare“ Arbeit hat ihre Nachteile, fordert mich intellektuell weniger, bietet weniger Gestaltungsmöglichkeiten. Und die Rolle, die ich in unserer Kirche insgesamt als Referent von Vorträgen und Vorsitzender von Ausschüssen spiele, würde sich verändern.

Ideal wäre: Jedes Jahr 9 Monate als Propst und 3 Monate als Gemeindepastor zu arbeiten! Unrealistisch? Vermutlich werden wir in den nächsten Jahren ohnehin flexiblere Arbeitszeitmodelle entwickeln, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können….

 

Dem Ende zu

Es sind die letzten Tage in Rerik. Sie sind bestimmt von vielen Gesprächen und einigen privaten Einladungen. Manche Kontakte werden zum Schluss vertieft. Für Dienstag hatte ich die Kolleginnen und Kollegen aus der Region zu einem Erfahrungsaustausch eingeladen. Am Freitag habe ich ein Abschlussgespräch mit „meinem“ Regionalpastor (Mecklenburg hat zwischen Gemeinden und Kirchenkreis eine weitere Ebene, die Region; und zwischen Pastoren und Pröpsten die Regionalpastoren). Auch äußerlich ist viel zu tun, zu packen, zu sortieren, zu entsorgen…

Mein Abschied wird am Sonntag im Gottesdienst sein. Ursprünglich war geplant, dass das Gemeindefest zu Karen Siegerts 60. Geburtstag am kommenden Dienstag gleichzeitig mein Abschied sein sollte (Siegerts werden heute Nacht zurückkehren). Diese Planung habe ich verändert, weil ich glaube, dass das für mich keine gute Situation zum Abschied wäre. Karens Geburtstag ist Karens Geburtstag, mein Abschied ist mein Abschied. Der Kirchengemeinderat hat meinen Wunsch verstanden und akzeptiert und verabschiedet mich nun am Sonntag in meinem letzten Gottesdienst in Rerik. Anschließend halte ich noch Gottesdienst in Biendorf. Dann bringe ich eine erste Autoladung nach Blankenese, komme wieder und kehre am Montag endgültig nach Blankenese zurück, zwei Tage früher als ursprünglich geplant. Das gibt mir auch etwas Luft, denn am Donnerstag geht es schon wieder weiter nach Salzburg.

Auch gedanklich ist dies eine gefüllte Woche. Vieles geht mir durch den Kopf, Erfahrungen, Resumees, Fragen… Ein paar Einträge mit solchen Gedanken werde ich sicherlich noch schreiben….

 

 

„Rerik ist ein von innen heraus sonniger Ort.“

Die Tochter von Alfred Andersch bei einem Besuch in Rerik

Aufgelesenes

Auf meiner Fahrt zur Sternberger Seenlandschaft kam ich heute durch Neukloster. Im Schaukasten fand ich folgendes Schild:

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Ob das absichtlich humorvoll geschrieben oder unfreiwillig komisch ist, weiß ich nicht. Auf jeden Fall fand ich es so hinreißend, dass ich – wäre die Kirche verschlossen gewesen – ganz bestimmt nicht böse gewesen wäre.

Da sie offen war, stieß ich in der Taufkapelle auf folgende Tafel:

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In Schwerin gab es also anno 1219 einen 15-jährigen Propst! Ich glaubte bisher, dass ich mit den 42 Jahren, die ich bei meinem Amtsantritt hatte, schon recht jung gewesen sei. Aber 15! – das ist wohl nicht zu toppen… !!!

Wenn bei Rerik die Fischer …

Ich gehe so gerne abends nach Einbruch der Dunkelheit zu den Anglern auf die Seebrücke:

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So der Blick übers Land Richtung Haff:

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So sieht die Kirche auf dem Heimweg aus:

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Und wer jetzt ein falsches Wort sagt, z.B. eines mit „K“, riskiert meine Freundschaft… :-))

Dialog

Ein Mann, der von sich sagt, er sei Atheist, begleitet ab und zu seine Frau in den Gottesdienst. Heute umarmte er mich nach dem Gottesdienst und sagte: „Wie haben Sie es geschafft, dass Sie genau das ausgedrückt haben, was ich glaube?“ Hm, das weiß ich auch nicht. Muss ich mir nun Gedanken über den christlichen Gehalt meiner Predigt machen? Oder ist einfach der Atheismus nicht mehr das, was er mal war – oder was er nie gewesen ist? :-))

Im Seitenmenü meine Predigt über Römer 6, 19-23